gedichte
David Merritt: „Poesie ist keine Fiktion. Poesie ist eine seltsame Kombination aus poetischem, lizenziertem Blödsinn.“
Seit Jahren benutze ich Gedichte, um Bilder zu malen, die andere eine Welt jenseits des gewöhnlichen Lebens erleben lassen. Jedes Gedicht ist ein Tor in einen anderen Bereich; ich habe Gedichte geschrieben, die in die Unterwelt, die Mittelwelt und die Oberwelt begleiten.
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Bewertung
man soll den Tag nicht vor dem Abend loben
heißt es
bewertend
es könnte ja noch was Schlechtes passieren
aber nicht
man soll den Tag nicht in der Früh schon tadeln
oder
ein verlorener Tag kann sich noch umkehren
kann die Zukunft die Vergangenheit verändern?
oder nur meine Bewertung?
anders bewertend:
man soll den Tag nicht bewerten
(03/22) link
den Ein/Ausschalter drücken
den Stecker raus ziehen
langsam den Anzug entkleiden
emotion abgelegt.
(2021) link
von vorne beginnen
dachte sie sich
die Zeit zurückdrehen
nochmal neu starten
das Leben nicht abwarten
sondern aufblühen
dachte sie sich
als sie Blumen
auf dem Grab sah
(2021) link
mondzauber
zwei monde
drehen sich um mich
eine große, ein kleiner
trabanten auf ihrer umlaufbahn
unverkennbare anziehung
dreidimensionale parallelen
kreuzen sich nicht
anziehung reicht nicht
verbindung ohne kollision
ewiges umkreisen
sehnsucht nach vereinigung
vergebliches abwarten
kein aufeinandertreffen
zwei monde
drehen sich um mich
spenden kindern ein nachtlicht
zum glück verstehen die nicht
oder doch nicht nicht?
(04/21) link
energienreiter
bergauf heißt
energie reinstecken
die leiter erklimmen
den Weg nach oben gehn
schritt nach schritt
den Weg bezwingen und
irgendwann irgendwie
dort oben ankommen
Ersternen.
früher hieß es ‚bergauf‘
jetzt ‚die Welle reiten‘?
das Feuer brennt in mir
(03/21) link
lautlos
stelle ich
das Wasserglas zur Seite
vornehm
leuchtende
Kerze bringt Männlichkeit
taktvoll
blühende
Rose bringt Weiblichkeit
friedlich
denke ich
Heute war ein guter Tag
(03/21) link
Wenn es kein Ziel gibt
Genieße das Geschehen
Gipfel für Gipfel
(03/21) link
zeit loswerden
überspringen
wie ein Stein,
der übers Nichts ditscht
zeitlos werden
unendlichkeit
wie ein Sein,
dass durch Ich’s glitscht
(03/21) link
Spiel des Lebens
Ist es das Ziel des Lebens
Legenden zu erschaffen,
dass ich noch bin,
wenn ich gestorben bin?
Von Anfang bis Ende
treffe ich Entscheidungen:
‚gute‘ Entscheidungen.
’schlechte‘ Entscheidungen.
Mit Nachwehen meiner
vergangenen Leben
kann ich jederzeit verändern
wer ich morgen bin.
Am Anfang ein verknittertes Blatt,
am Ende irgendwie vollgeschrieben.
Und die Enkel heben
die alten Fotos auf.
Was ist noch lebendig,
in der Welt, in mir,
von meinen Vorfahren?
Was? – sind sie nicht tot?
Was ist noch lebendig,
in der Welt, von mir,
in fünf Generationen?
Bin ich dann nicht tot?
Ist es das Ziel des Lebens
Legenden zu erschaffen,
dass ich noch bin,
wenn ich gestorben bin?
(03/21) link
Enscheidung
eine neue Entscheidung
verändert komplett
eine neue Entscheidung
wer ich bin und werde
alt alt neu neu anders
nicht besser nur anders
energetischer Körper
halte mein neues Sein
Angst, einzustehen
für mich und meine Entscheidung
Wut, einzustehen
für mich und meine Entscheidung
was kommt ist ungewiss
was ist ist ist
und jetzt ist
meine neue Entscheidung
(03/21) link